Arbeitnehmerüberlassung vs. Werk-/Dienstleistungsvertrag
Wie schaffen es Unternehmen, auf eine zum Teil blitzartig wechselnde Auftragslage schnell mit leistungsfähigem Personal zu reagieren? In diesem Blogbeitrag möchte ich einmal zwei unterschiedliche Modelle dafür vorstellen: Die Arbeitnehmerüberlassung und die Anstellung durch einen Werk-/Dienstleistungsvertrag.
Die Schnelllebigkeit im digitalen Zeitalter bringt enorm viele Veränderungen mit sich, weswegen Unternehmen schnell und zeitlich begrenzt unterschiedlichste Expertisen benötigen. Demgegenüber steht weit verbreitet immer noch das klassische Beschäftigungsverhältnis von Arbeitnehmern im eigenen Betrieb.
Die Arbeitnehmerüberlassung
Bei der Arbeitnehmerüberlassung – oder kurz ANÜ – handelt es sich um das zeitlich begrenzte Ausleihen eines Arbeitnehmers in den Betrieb eines anderen Arbeitgebers. Derjenige, der den Arbeitnehmer verleiht, fungiert hierbei als „Verleiher“, während derjenige, der sich die Ressource ausleiht, als „Entleiher“ auftritt. Diese Art der Anstellung versteht man auch unter Leiharbeit oder Zeitarbeit.
Bei der ANÜ fallen somit Arbeitsvertrag und Arbeitsleistung auseinander. Der Arbeitsvertrag des Leiharbeitnehmers besteht hier mit dem Verleiher, welcher über Urlaubsgewährung, Vertragsverlängerungen, Abmahnungen oder Kündigungen entscheidet und den Leiharbeitnehmer bezahlt. Die Arbeitsleistung hingegen findet beim Entleiher statt, in dessen Betrieb der Leiharbeitnehmer zeitlich begrenzt eingegliedert ist. Weisung, Festlegung von Arbeitszeiten, Pausen, sowie die Überwachung der Arbeitsqualität legt hier der Entleiher fest.
Welche vertraglichen Beziehungen bestehen überhaupt innerhalb eines solchen Verhältnisses?
Bei der gewerblichen ANÜ überlässt der Verleiher natürlich nicht einfach so vorübergehend seine eigenen Arbeitnehmer einem anderen Arbeitgeber. Vielmehr ist es so, dass auch er damit Geld verdient, indem er vom Entleiher Gebühren verlangt. Eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung bringt also einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit sich, welcher die entgeltliche Überlassung von Arbeitskräften regelt. Es entstehen also zwei Vertragsbeziehungen: Zum einen die Beziehung zwischen Verleiher (Arbeitgeber) und Leiharbeiter, zum anderen zwischen Verleiher und Entleiher.
Rechtliche Grundlage
Beziehungen auf vertraglicher Basis greifen immer auf eine gesetzliche Grundlage zurück. Die Rechte und Pflichten von Leiharbeiter, Entleiher und Verleiher sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Hier werden die Erlaubnispflichten für gewerbliche Verleiher, die zeitliche Begrenzung der Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher und die finanzielle Gleichstellung des Leiharbeiters mit vergleichbaren Stammkräften innerhalb des Betriebs des Entleihers geregelt.
Von dieser darf zum Beispiel nur zeitlich begrenzt und nur auf tarifvertraglicher Grundlage abgewichen werden. Außerdem regelt das AÜG, was passiert, wenn ein Verleiher keine Überlassungserlaubnis hat oder die Überlassungshöchstdauer überschritten wird. Die Folge davon ist die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer (§ 10 Abs.1 Satz 1 AÜG).
Gibt es illegale Arbeitnehmerüberlassung?
Für eine Überlassungserlaubnis brauchen Arbeitgeber, die eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung betreiben möchten, eine Erlaubnis. Genau genommen handelt es sich hier sogar um zwei Einverständnisse: Zum einen muss der Arbeitnehmer vertraglich der Abordnung in wechselnde Entleiherbetriebe zustimmen, zum anderen muss die gesetzliche Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG beachtet werden. Diese behördliche Erlaubnis wird von der Agentur für Arbeit ausgeteilt. Eine rechtliche Folge einer illegalen ANÜ ist zum Beispiel die Unwirksamkeit des Vertragswerks.
So wird sowohl der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher als auch der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ungültig.
Abgrenzung zum Werk-/Dienstleistungsvertrag
Wie zuvor beschrieben, gibt es neben der Arbeitnehmerüberlassung noch andere Möglichkeiten, Fremdpersonal im eigenen Unternehmen einzusetzen. Eine gängige Methode ist der Einsatz von Externen im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags. Eine solche Tätigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass der Unternehmer/Arbeitgeber (im vorherigen Konzept der Verleiher) die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert.
Er ist dann für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber den Drittunternehmen (zuvor Entleiher) verantwortlich. Der eingesetzte Arbeitnehmer unterliegt in diesem Konzept also den Weisungen des Ersteren (BAG, Urteil vom 18.01.2012, Az: 7 AZR 723/10).
Zusammengefasst: Ist ein Arbeitnehmer in einem Fremdbetrieb eingesetzt und arbeitet unter Anleitung und auf Weisung seines vertraglichen Arbeitgebers, liegt keine Arbeitnehmerüberlassung vor. Ist der Arbeitnehmer allerdings in die Arbeitsablauforganisation eines Drittunternehmens eingegliedert, ist eine ANÜ nötig.
Vorsicht – verdeckte Arbeitnehmerüberlassung!
Wie Sie vielleicht selbst beim Lesen des vorherigen Abschnitts festgestellt haben, handelt es sich bei der Unterscheidung von ANÜ und Werk-/Dienstleistungsvertrag um eine rechtliche Grauzone. Es ist hier nicht immer eindeutig zu erkennen, auf welcher rechtlichen Grundlage der Fremdpersonaleinsatz verläuft. Schließlich müssen sich auch Werkarbeitnehmer und deren Arbeitnehmer bei der Erstellung des vorgesehenen Werkes mit dem Auftraggeber und dessen Mitarbeitern abstimmen und somit werkvertragliche Vorgaben umsetzen. Diese sind arbeitsrechtlichen Weisungen häufig zum Verwechseln ähnlich.
Die Frage, die hieraus resultiert, ist also, ob es zu einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung kommen kann. Die Antwort: Ja. Eine solche Art der ANÜ liegt bei einem Fremdpersonaleinsatz vor, welcher objektiv die Eigenschaften der ANÜ erfüllt, dennoch rechtlich unzutreffend als werk- oder dienstvertraglicher Arbeitseinsatz bezeichnet wird.
Das passiert, wenn ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter auf Grundlage eines Werk-/Dienstleistungsvertrags einsetzt, um dort gewisse Tätigkeiten durchzuführen, dieser aber in Wahrheit nicht den Weisungen seines Arbeitgebers, sondern denen des Kunden obliegt. Zudem ist der Arbeitnehmer in diesem Fall in die betriebliche Organisation des Kunden eingegliedert ist, als wäre er dessen eigener Arbeitnehmer.
Bis zu 30.000€ Strafgeld
Eine solche Art der Beschäftigung ist normalerweise als Arbeitnehmerüberlassung zu bewerten. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs müsste in diesen Fällen zuvor gemäß §99BetrVG zustimmen und für den überlassenen Leiharbeitnehmer würde der Gleichstellungsgrundsatz gelten und er müsste den gleichen Lohn beziehen, wie vergleichbare Stammkräfte des Entleihers (§ 9 Nr.2 1.Halbsatz AÜG). Die Rechte der ausgeliehenen Arbeitnehmer werden also durch die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung ausgehebelt. Laut der AÜG-Reform (01.04.2017) ist eine solche verdeckte Form der Arbeitnehmerüberlassung gesetzeswidrig bzw. illegal (§ 1 Abs.1 Satz 5 und 6 AÜG).
Der Verstoß wird als Ordnungswidrigkeit geahndet und zieht eine Geldbuße von bis zu 30.000€ nach sich (§ 16 Abs.2 AÜG).
Treffen Sie die richtige Wahl
Aufgrund von der Digitalisierung und der stetigen Weiterentwicklung von Technologien, gestaltet es sich vor allem in der IT-Branche heutzutage schwer, den Personalbedarf mit klassischen Beschäftigungsverhältnissen zu decken. Um dennoch bei Auftragsspitzen temporär die passende Expertise zur Seite zu haben, greifen immer mehr Firmen auf Fremdpersonal zurück. Die gängigsten Varianten stellen hier die Arbeitnehmerüberlassung oder die Beschäftigung eines Externen durch einen Werk- bzw. Dienstleistungsvertrag.
Da die Abgrenzung zwischen diesen Gestaltungsmöglichkeiten nicht immer ganz klar ist, sollten Sie darauf achten, nicht gesetzeswidrig zu handeln und keine Nachteile aus einem Beschäftigungsverhältnis zu ziehen.
Noch Fragen?
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Ein Kommentar zu "Arbeitnehmerüberlassung vs. Werk-/Dienstleistungsvertrag"
Einwandfrei!!!
Ein gern gelesener Artikel den du veröffentlicht hast.
Mal schauen was es noch auf deiner Seite zu sehen gibt.