Semira Meier
9. Juli 2019

Tipps unter Kollegen: Das Leben genießen trotz Faktura

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In den letzten Blogbeiträgen (Teil 1, Teil 2) dieser Reihe ging es um Tipps für Newcomer bezüglich der Frage, wie man sich Kunden zu Fans macht, was bei Interviews zu beachten ist und darum, wie es dazu kommt, dass Angestellte den Weg in die Freiberuflichkeit wagen und was dabei zu beachten ist (Teil 3).

Die Work-Life-Balance eines IT-Freiberuflers

Dieser vierte und vorerst letzte Beitrag der Blogbeitragsreihe „Freiberufler im Interview“ beschäftigt sich mit einem Thema, dem seit geraumer Zeit viel Aufmerksamkeit in der Berufswelt gewidmet wird: Die Work-Life-Balance. Dabei hat mich besonders interessiert, wie IT-Freiberufler ihre Work-Life-Balance beschreiben, wie sie während ihrer Projekte zum Beispiel auf gesunde Ernährung und körperliche Bewegung achten und welche Tipps erfahrene Freiberufler in diesem Zusammenhang haben.

Die Ausgangslage

Auch dieses Mal habe ich drei verschiedene Freelancer interviewt, die zwischen einem Jahr und 22 Jahren freiberuflich arbeiten. Besonders interessant ist dabei, dass meine drei Interviewpartner aktuell in Projekten mit völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen tätig sind.

  • Interviewpartner A ist vier Tage pro Woche bei seinem Kunden vor Ort und lebt in dieser Zeit im Hotel.
  • Interviewpartner B arbeitet momentan in verschiedenen Parttime-Projekten und ist immer mal wieder unterschiedlich lange bei seinen Kunden vor Ort.
  • Interviewpartner C arbeitet aktuell ausschließlich im Homeoffice.

Diese Rahmenbedingungen ließen mich vorab vermuten, dass die Work-Life-Balance von Gesprächspartner A am geringsten, die von Freiberufler C am höchsten ausfällt und die von Gesprächspartner B wahrscheinlich recht mittig liegt. Wie auch schon in den Interviews zu den letzten Beiträgen dieser Reihe, wurde ich sehr überrascht.

Wie würden Sie Ihre Work-Life-Balance beschreiben?

Die erste Frage der Interviews habe ich absichtlich sehr offen gehalten. Zuerst wollte ich eine ganz allgemeine Einschätzung und Beschreibung von meinen Interviewpartnern erhalten. Hier bekam ich zunächst folgende Antworten:

A: „Gut, die ist gut. Besser als vor zehn Jahren. Vier-Tage-Woche, 40 Stunden und dann drei Tage frei. Da kann man auch viel reißen […]. Mir geht es gut, ich bin glücklich.“

B: „Also ich bin jemand, der die Work-Life-Balance nicht so übermäßig gut pflegt, muss ich gestehen. Es sind immer verschiedene Projekte, die ich so habe und da gibt es immer viele Kundentermine und da sage ich ganz gerne: mein Kalender ist fremdgesteuert. Und ich bin auch jemand, der ungern nein sagt.“

C: „Ich würde schon sagen, dass sich meine Work-Life-Balance auf jeden Fall verbessert hat. Als Freelancer hat man keinen Job, bei dem man weiß: ich muss Montag bis Freitag beim Kunden sein. Die Arbeitszeit ist einfach ganz individuell. Und deshalb kann man sich eher den Tag so aufteilen, dass man auch privaten Terminen oder Hobbys nachgehen kann.“

Bereits hier fielen die Antworten also sehr unterschiedlich aus. Ganz besonders interessant war für mich an der Stelle, dass Gesprächspartner A, von dem ich eine weniger gute Work-Life-Balance erwartet hatte, diese als sehr positiv beschreibt.

Dass Interviewpartner C durch den hohen Zeitanteil im Homeoffice und der damit einhergehenden hohen Flexibilität bezüglich der Freizeitgestaltung die Work-Life-Balance als gut bezeichnet, hatte ich dagegen erwartet. Diese beiden Freelancer ließen durch die obigen Aussagen schon darauf schließen, dass ihnen eine gesunde Work-Life-Balance wichtig ist.

„Mein Kalender ist fremdgesteuert“

Interviewpartner B ist hier anders eingestellt – er beschreibt seinen Terminkalender sogar als fremdgesteuert. Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde diese eingehende Aussage weiter bekräftigt:

„Im Projekt nutze ich die Zeit und arbeite meist so viel es geht. Wenn ich abends im Hotel sitze, dann arbeite ich. Dann nehme ich mir auch ganz bewusst Arbeit mit und mache das dann dort. […] Wenn ich jetzt heute in einer bestimmten Stadt wäre, könnte ich mir da ein Sportstudio suchen und dahingehen. Das mache ich aber nicht. Und ein Hotel suche ich meist danach aus, dass es in der Nähe vom Standort ist, damit das zeitlich passt.“ 

„Wenn ich Zuhause bin, gehe ich recht viel in meiner Freizeit mit unseren Hunden spazieren“

Interviewpartner B sieht seine Priorität während der Vor-Ort-Tage bei seinen Kunden ganz klar bei der Arbeit. Selbst nach Feierabend steht das Projekt an erster Stelle. Wie sieht es hier während der Zeit Zuhause aus?

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„Wenn ich Zuhause bin, gehe ich recht viel in meiner Freizeit mit unseren Hunden spazieren und wir haben auch Pferde, die aufgrund meiner wenigen Zeit eine professionelle Bereiterin haben. Also meine Freizeitgestaltung ist oft dadurch geprägt, dass man sich bewegt. Das ist jetzt nicht Fitnessstudio oder sowas, aber schon Bewegung. Da achte ich drauf. Das ist aber nicht in dem Sinne, dass ich Sport mache, um gesund zu sein. Sondern das gehört halt irgendwie dazu, dass man sich bewegt […] Wenn ich unterwegs bin, dann bin ich auch ganz froh, wenn die Zeit komprimiert ist. Dann mache ich mir um solche Dinge wie Freizeitgestaltung keine Gedanken. Wenn ich Zuhause bin, dann kümmere ich mich um meine Lebensgefährtin und unsere Tiere, da möchte ich Zeit haben. Aber wenn ich unterwegs bin, dann ist mir das egal.“ 

Dieser Gesprächspartner unterscheidet klar zwischen Freizeit und Projekt-Zeit, wenn es um Sport bzw. körperliche Bewegung geht. Wie handhabt dies jemand, der jede Woche von Montag bis Donnerstag bei seinem Kunden vor Ort ist und unter der Woche gar nicht die Möglichkeit hat, abends nach Hause zu fahren?

Interviewpartner A hat mir das so beschrieben:

„Das ist eigentlich relativ gut zu organisieren, wenn man sich ein gescheites Hotel sucht. Man muss nicht jeden Abend im Hotel bis um 23 Uhr Fernsehen gucken […]. Ich suche mir immer ein Hotel mit Fitnessstudio. Ich würde in kein anderes Hotel gehen, das ist das, wonach ich immer schaue. Ich bin kein Jogger, das ist nicht meins. Deshalb schaue ich immer, dass ich ein Hotel mit Sport und Sauna habe.“ 

Anders als Interviewpartner B, wählt Gesprächspartner A bereits das Hotel danach aus, ob ausreichende Sport- und Entspannungsmöglichkeiten gegeben sind. So viel zur sportlichen Betätigung. Wie sieht es mit gesunder Ernährung aus?

Wie halten Sie es mit der Ernährung während der Tage bei Ihren Kunden vor Ort?

Für Freiberufler, die einen hohen Remote-Anteil haben, gestaltet sich eine gesunde Ernährung als recht einfach – die eigene Küche ist nicht weit entfernt. Aber wie achten Freelancer darauf, die viel Zeit unterwegs oder in Hotels verbringen? Auch hier bekam ich sehr unterschiedliche Antworten:

A: „Früher habe ich oft gekocht. Jetzt muss man halt schauen, dass man in einem Hotel ist, in dem es gescheites Essen gibt. Ich werde mich nicht die ganze Woche von Fastfood ernähren. Ich gehe mittags und abends essen. Das machen viele verkehrt. Die meinen dann immer, die halbe Stunde mittags noch durcharbeiten zu müssen. Kann man machen, wird bei mir aber nicht stattfinden. Das ist ein Egoismus, aber wenn man den nicht an den Tag legt, dann geht es mit einem halt auch bergab. Man muss sich als Nummer eins sehen, das ist ganz wichtig.“

B: „Wenn ich unterwegs bin, dann hangelt sich das oftmals an der Autobahn entlang, irgendwelche Fastfood-Geschichten. Wenn ich Zuhause bin, achte ich sozusagen gezwungenermaßen auf meine Ernährung, weil meine Lebensgefährtin darauf achtet. Ich muss aber gestehen, dass das Thema bei mir nicht so eine hohe Priorität hat. Wenn man auf die Ernährung achten will, dann muss man sich ja auch damit beschäftigen und das kostet ja auch Zeit. Die will ich aber nicht damit verbringen. Wenn man auf den Wagen mit aufspringen kann, finde ich das gut und ich mache das auch, aber von mir aus würde ich das nicht so wirklich tun.“

Ähnlich wie bei dem Punkt der körperlichen Bewegung, unterscheiden sich die Ausführungen dieser beiden Interviewpartner extrem. Für Gesprächspartner A ist Fastfood ein No-Go, bei der Auswahl der Unterkunft wird auf die Möglichkeit einer gesunden Ernährung geachtet.

Gesprächspartner B möchte selbst nicht viel Zeit für die Frage nach dem Essen aufwenden. Zuhause sieht das allerdings anders aus, weil seine Lebensgefährtin darauf achtet. Hier muss noch einmal betont werden, dass er viel Wert darauflegt, keine komplette Woche von Zuhause weg zu sein und meist lediglich eine oder zwei Nächte pro Woche im Hotel verbringt. Somit überwiegt die Zeit, in der auf die Ernährung und Bewegung geachtet wird.

Home-Office: Kann man zuhause überhaupt entspannen?

Wie ist das nun bei Interviewpartner C? Durch die Arbeit von Zuhause aus ist es eindeutig leichter, auf seine Ernährung und Sport zu achten. Hier habe ich mich aber gefragt, ob es möglich ist, tatsächlich abzuschalten, wenn das Büro immer nur eine Tür weit entfernt ist?

„Grundsätzlich ist mir die Trennung zwischen Arbeit und Privat schon wichtig und es ist so, dass ich das schon sehr gut auseinanderhalten kann. Vor allem, weil ich Zuhause ein Büro habe und da arbeite. Und wenn ich im Büro bin, dann schalte ich alles Private ab und dann habe ich nur die Arbeit. Wenn ich aber Pause mache und zum Beispiel ins Wohnzimmer gehe, dann mache ich auch wirklich Pause, weil ich das räumlich trennen kann.“ 

Auch wenn die Arbeit im eigenen Zuhause stattfindet, ist es demnach wichtig, diese klar in einen Raum zu verlegen und buchstäblich die Tür zum Privaten während der Arbeitszeit und die Tür zum Büro während der Freizeit hinter sich zu schließen. So gelingt auch die Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit.

Welche Tipps möchten Sie anderen Freelancern geben, um für eine gute Work-Life-Balance zu sorgen?

Wie auch bei den letzten Beiträgen habe ich meine Interviewpartner nach Tipps gefragt, die sie anderen Freiberuflern zum Thema Work-Life-Balance geben möchten:

  • Seien Sie egoistisch, Sie selbst stehen immer an erster Stelle.
  • Wählen Sie die Unterkunft so, dass eine ausgeglichene Ernährung sowie sportliche Betätigung möglich sind.
  • Finden Sie heraus, was Ihnen wichtig ist und setzen Sie das um.
  • Seien Sie in der Lage, auch Nein zu sagen. Egal ob zu Kunden oder Freunden und Familie.
  • Hören Sie auf sich selbst und Ihren Körper. Planen Sie Pausen ein und gönnen Sie sich ausreichend Ruhe und Ausgleich.

Fazit

In diesem Beitrag der Reihe „Freiberufler im Interview“ ging es um die Work-Life-Balance von IT-Freelancern. Im Rahmen von Interviews mit drei Freiberuflern, die in Projekten mit völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen tätig sind, konnte ich völlig unterschiedliche Herangehensweisen, Auffassungen und Umsetzungen der Work-Life-Balance ausmachen.

Das zeigte mir zuerst einmal, dass die Work-Life-Balance unabhängig vom Business ist. Es ist unmöglich zu sagen, dass ein Freiberufler eine bessere oder schlechtere Work-Life-Balance als ein Festangestellter pflegt oder andersherum. Jeder Mensch legt seine Prioritäten unterschiedlich und so ist das auch hier.

Eine klare Erkenntnis kann aber definitiv festgehalten werden: ein hoher Remote-Anteil ermöglicht eine flexiblere Einteilung der Arbeits- und Freizeit, persönliche Termine können leichter wahrgenommen werden und die Kombination von Beruf, Familie, Freunden und Hobbys stellt keine große Herausforderung dar. Allerdings muss hier trotzdem auf eine Trennung der Räumlichkeiten geachtet werden, um ein Abschalten nach Feierabend, aber auch bei Arbeitsbeginn, zu ermöglichen.

Bei Projekten bei Ihren Kunden vor Ort hilft es, schon bei der Planung der Unterkunft nach Hotels mit Sport- und Entspannungsangeboten sowie nach Restaurants mit ausgewogenen Gerichten Ausschau zu halten. Damit ist es aber noch nicht getan. Am Wichtigsten ist, so wie bei allem, die tatsächliche Umsetzung.

Nehmen Sie sich genügend Zeit für Pausen, zum Essen, für körperliche Betätigung, auch wenn Sie dafür mal Nein sagen müssen. Um eine sehr gute Performance beim Kunden abliefern zu können, muss es Ihnen gut gehen. Deshalb sollten Sie selbst, Ihre Bedürfnisse und Ihre Gesundheit stets an erster Stelle stehen.

Dankeschön

Wie mehrfach erwähnt, ist dies der vorerst letzte Blogbeitrag dieser Reihe. Deshalb möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei meinen Interviewpartnern bedanken. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen und mir das Vertrauen entgegengebracht haben, mit mir über diese verschiedenen Themen zu sprechen.

Mir selbst haben die Gespräche viel Freude bereitet und einige überraschende und interessante Einblicke gegeben und ich bin davon überzeugt, dass sich die Leser dieser Beiträge ebenfalls etwas mitnehmen können. Dankeschön!



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