Freiberufler vs. Gewerbetreibende in der IT-Branche
Die IT-Beratung ist eine der Tätigkeiten, die in letzter Zeit besonders in das Blickfeld der Finanzämter gerückt ist. Die Gewerbesteuer stellt eine erhebliche Einnahmequelle für Gemeinden und Städte dar. Das Berufsfeld des IT-Beraters ist rechtlich umstritten, da es sich nicht klar um eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit handelt. Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen Freiberufler und Gewerbetreibende?
Freiberufler arbeiten als selbstständige Unternehmer. Um eine Abgrenzung zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden zu schaffen, wird der § 18 aus dem Einkommenssteuergesetzt (EstG) verwendet. In diesem Paragraph sind alle freiberuflichen Tätigkeiten als Katalog aufgeführt. Gewerbetreibende sind all die, die keine Tätigkeit entsprechend der Katalogberufe ausführen. Der Freiberufler hat einen entscheidenden Vorteil: Im Gegensatz zum Gewerbetreibender muss er keine Gewerbesteuer zahlen.
Problematik: unsichere Rechtslage
Die steuerrechtliche Einordnung von IT-Beratern ist hoch umstritten. Laut Bezeichnung ist der Beruf nicht in der Aufzählung der Katalogberufe des § 18 EstG erwähnt. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss ein IT-Berater das Diplom eines der Katalogberufe besitzen, um als Freiberufler im Tätigkeitsfeld der Informatik anerkannt zu werden. Dabei kommt jedoch nur der Ingenieur sowie der beratende Betriebswirt in Betracht oder Berater, die den Studienabschluss als Informatiker, Physiker oder Mathematiker vorweisen können. Ohne einen derartigen Abschluss muss ein IT-Berater nachweisen, dass die entsprechenden Kenntnisse anderweitig autodidaktisch erworben wurden. Der BFH ließ bisher offen, wie dies geschehen soll.
Ein weiteres Kriterium: Der IT-Berater muss zum Großteil im Bereich der Systemsoftwareentwicklung tätig sein. Problem dabei ist, dass der Begriff der Systemsoftwareentwicklung vom BFH ohne nähere Ausführungen nur schlagwortartig umschrieben wird.
Diese Rechtsunsicherheit ist Grund für eine völlig heterogene Entscheidungspraxis der verschiedenen Finanzämter und bietet somit die Möglichkeit, IT-Berater per Definition zu Gewerbetreibenden zu machen. Die Chancen der Ämter stehen dabei gut, da betroffene Berater meist völlig unvorbereitet und Steuerberater nicht ausreichend in diese Spezialmaterie eingearbeitet sind.
Problematisch ist, dass Betriebsprüfer immer häufiger gezielt in diese Richtung prüfen und dies als Anlass nehmen, der Frage „gewerblich“ oder „freiberuflich“ nachzugeben. Manchmal reagieren Finanzämter jedoch auch direkt nach der Anmeldung der Tätigkeit oder nach der ersten Einkommensteuererklärung des IT-Beraters. Sowohl der Wechsel des Sachbearbeiters als auch der Umzug des Beraters in einen anderen Finanzamtbezirk können Auslöser für eine Prüfung sein. Fälschlicherweise melden manche IT-Berater ein Gewerbe aufgrund von Unkenntnis und unzureichender Beratung an und bringen somit das Finanzamt selbst auf ihre Fährte.
Vorbereitung ist alles
Jeder IT-Berater sollte zunächst einmal sein eigenes Risikopotenzial bzw. Chancen als Freiberufler prüfen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung sollte der Bereich der Ausbildung und der Bereich der Tätigkeit genau untersucht werden.
- Besitzt der Berater einen einschlägigen akademischen Abschluss oder vergleichbare Kenntnisse? à Ohne Abschluss muss geprüft werden, ob der IT-Berater seine Kenntnisse belegen und glaubhaft darstellen kann.
- Ist der überwiegende Teil der Tätigkeit im Bereich der Systemsoftware? à Ob dies der Fall ist, ist nur mittels einer genauen Analyse der Projekte des IT-Beraters möglich.
Auf keinen Fall sollte der Berater eine selbst entworfene Beschreibung der Projekte vorlegen. Denn: Häufig schildert eine Fachkraft die Themen möglichst einfach, wobei Fachbegriffe absichtlich vermieden werden. Dadurch bekommt das Finanzamt einen falschen Eindruck der tatsächlichen Tätigkeitsinhalte des IT-Beraters vermittelt. Besonders wenn Schulungen thematisiert werden, geht das Finanzamt von einer gewerblichen Tätigkeit aus, da Schulungen als Teil der Beratungsleistung eines IT-Beraters als typisch gewerblich gelten.
Fazit
IT-Berater sollten sich im Vorfeld informieren und das eigene Risikopotenzial prüfen bzw. prüfen lassen und nicht direkt ein Gewerbe anmelden. Selbstauskünfte gegenüber dem Finanzamt über Ausbildung und Tätigkeit sollten nicht ungeprüft erteilt werden. Innerhalb von 4 Wochen kann Einspruch gegen Gewerbesteuermessbescheide eingelegt werden. Die individuelle Situation des betroffenen IT-Beraters muss jederzeit berücksichtigt werden.