Tipps unter Kollegen: So punkten Sie im Interview
Im ersten Beitrag dieser Reihe ging es im Gespräch mit 3 erfahrenen Freiberuflern um die Frage, wie man sich Kunden zu Fans machen kann und sich so Folgeprojekte sichert. Dabei wurden wertvolle Tipps gegeben und absolute No-Gos ausgesprochen.
Was ist bei Interviews mit potenziellen Kunden zu beachten?
Dieser zweite Beitrag soll – ebenfalls auf Grundlage der Interviews – ein Thema behandeln, der bei vielen Menschen, inklusive mir selbst, Haarsträuben verursacht: Interviews. Interviews mit potenziellen Kunden stehen für Freiberufler quasi an der Tagesordnung. Hier geht es darum, den Gesprächspartner von sich zu überzeugen, Fragen zu beantworten und die richtigen Fragen zu stellen.
Im dritten Beitrag wird dann die folgende Frage behandelt: Wie schafft man es, die Komfortzone des Angestellten-Daseins zu verlassen und den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?
Im Rahmen meines Jobs als Resourcing Managerin moderiere ich viele solcher Interviews und habe mich schon oft dabei gefragt, ob solche typischen Telefoninterviews heutzutage gegenüber persönlichen Vorstellungsgesprächen präferiert werden und wie Freiberufler sich darauf vorbereiten. Genau diese Fragen habe ich meinen Gesprächspartnern gestellt. Genau wie im letzten Beitrag, möchte ich Sie nun an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen.
„Bevorzugen Sie telefonische oder persönliche Kennenlern-Interviews mit potenziellen Kunden? Und wie bereiten Sie sich darauf vor?“
Hier steht offenbar die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund, denn zum Großteil sahen die Antworten wie folgt aus:
„Die letzten Gespräche waren alle Telefongespräche, seit 5 Jahren. Da hat sich auch vieles getan, was Vorstellungsgespräche angeht oder die ersten Kontakte. Früher gab es Einladungen zu persönlichen Vorstellungen. Heute sind die ersten Kontakte oft telefonisch oder per Video. Jetzt – nach so viel Projekterfahrung, um Zeit zu sparen, Geld zu sparen, man müsste sich ja irgendwo treffen, hinfahren, übernachten – da ist eindeutig ein Telefongespräch vorteilhaft.“
„Telefonisch. Weil es einfach schneller geht. Unter Umständen ist der Kunde auch mal 3 Stunden Fahrt weg und dann fährt man da unter Umständen hin und merkt, nein, das passt gar nicht. Also von daher: telefonisch.“
Einer der drei befragten Freiberufler sieht dies aber anders. Zwar spielt auch für ihn die Wirtschaftlichkeit eine Rolle, doch nicht nur. Auf die Frage, ob er telefonische oder persönliche Vorstellungsgespräche präferiert, antwortete er so:
„Immer beides. Man kann im Telefoninterview glänzen, aber auch schon hören, was da drüben geht. Und man kann sich viel Reiserei (was ja auch den eigenen Geldbeutel betrifft) sparen, wenn man schon direkt die richtigen Fragen im ersten Interview stellt. Also man kann sehr klar in einem Interview abschätzen, ob das fachlich und so funktioniert und ob die Leute einigermaßen passen. Nichtsdestotrotz ist es total wichtig (und das ist auch mir persönlich sehr wichtig), dass man die Leute, mit denen man dann arbeitet, die Leute, mit denen man später zu tun hat, wirklich persönlich kennenlernt. Da langt eine gute Stunde, ist alles fein. Aber wenn man sich das spart und dann da aufschlägt und dann will man da raus, das ist immer unglücklich. Weil man kann nach den zweiten oder nach dem ersten Interview sofort Parachute und raus. Und dann ist auch keiner böse.“
Das Telefoninterview wird hier also als erster Schritt präferiert, um einmal grob abschätzen zu können, ob das für alle Seiten passt – vor allem fachlich. Die persönliche Note, speziell die Leute, mit denen Freiberufler dann tatsächlich im Projekt arbeiten, gehen im Telefoninterview unter. Dies begründete mein Gesprächspartner noch einmal mit folgenden Worten:
„Und warum ist dann das zweite, persönliche Interview so wichtig? Man wird da eingekauft als Experte, man hat da viele Stunden, man muss mit denen Kommunikation machen, man muss sich mit denen austauschen. Normalerweise weiß man nach einer Stunde, was für eine Nase man vor sich hat, mit der man zusammenarbeitet. Wenn man sich diesen Zusatzaufwand schenkt, kommen viele zum Arbeiten und sind dann nach 3 Wochen hier weg. Selbst schuld.“
Hier gehen die Meinungen also auseinander. Den einen genügt das Telefongespräch, anderen ist das persönliche Kennenlernen mindestens genauso wichtig. Und offenbar wird noch beides praktiziert.
„Welche Tipps haben Sie zur Vorbereitung auf das Kennenlernen mit potentiellen Kunden?“
Egal ob telefonisch oder persönlich, welche Tipps geben erfahrene IT Freiberufler zur Vorbereitung auf das Kennenlernen mit möglichen künftigen Kunden? Die ersten Antworten überraschten mich nicht, denn sie stimmen mit den typischen Ratgebern für Vorstellungsgespräche überein:
„Man muss den Kunden kennen, man sollte sich gut auf die Stellenausschreibung vorbereiten. Da steht ja drin, was verlangt wird und dann spielen natürlich die Skills eine Rolle. Man wird auch mit Fragen konfrontiert, die auch technisches Knowhow betreffen und da muss man sich einfach ein bisschen vorbereiten.“
„Also am Anfang kurz Infos einholen über den Kunden, dass man weiß, was er macht und wie er ungefähr dasteht.“
Besonders interessant waren für mich dann diese weiteren Ausführungen:
„Wenn ein Personaler mit im Gespräch ist, hat der ganz andere Fragen. [Zum Beispiel diese:] Was ist zu tun, wenn der Kunde eine Lösung möchte, die ich nicht favorisieren würde? Ich habe gesagt: der Kunde ist König. Aber der Personaler hat gesagt, dass das ist nicht gut, als Experte muss man sagen, dass man da nicht mit macht, weil die Gefahr eines Systemcrashs zu groß ist. Das hat sich eingeprägt, bei solchen Fragen sollte man nicht immer sagen, dass der Kunde König ist. Man sollte sagen, was passieren kann.“
„Eventuell kurz einen Kollegen anrufen, der da Ahnung hat, der einem schon etwas dazu sagen kann. Und dann mal kurz über die Themen drüber lesen, die verlangt werden. Manchmal sind es auch Sachen, da weiß man: die kann ich, aber habe ich schon seit 5 Jahren nicht mehr gemacht. Dass man einfach nochmal schaut: wie ist die aktuelle Software, gibt es das noch, wird es demnächst abgelöst oder so etwas. Die Infos, die man nicht immer parat hat, diese kurz rekapitulieren.“
Erfahrene Freiberufler können demnach folgende Tipps bei der Vorbereitung auf erste Interviews mit potenziellen Kunden geben:
- Sei ehrlich – „Der Kunde ist König“ bedeutet nicht zwangsläufig, genau das zu tun, was der Kunde möchte, sondern das zu tun, was dem Kunden hilft.
- Auch wenn Sie sich mit den verlangten Themen aufgrund von Projekterfahrung auskennen – bringen Sie sich vor dem Interview auf den aktuellen Stand. Hier können Sie auch Ihr Netzwerk nutzen.
Die abschließende Frage im Rahmen dieses zweiten Beitrags der Blogbeitragsreihe „Freiberufler im Interview“ galt einem vielleicht etwas tückischen Thema:
„Haben Sie schon einmal ein Projekt von Ihrer Seite aus beendet? Wie begründen Sie dies beim nächsten Kunden?“
Das erste, was ein potenzieller Kunde von einem Kandidaten sieht, ist sein CV. Klar stehen hier folgende Punkte zuerst im Vordergrund: Welche Inhalte hatten die bisherigen Projekte, welche Rollen wurden in diesen übernommen, welche Branchenerfahrungen werden mitgebracht und wahrscheinlich noch der ein oder andere Aspekt, der einem Kunden wichtig ist.
Zum Beispiel ist es möglich, dass darauf geachtet wird, wie die Laufzeiten der bisherigen Projekte waren oder ob die Projekthistorie Lücken aufweist. Das kann passieren, wenn ein Projekt vorzeitig von Freiberufler-Seite aus beendet wird. Wie kann dies nun begründet werden?
„Normalerweise ist das so: Wenn ein Projekt kürzer als ein Monat dauert, weil man hingeht und das läuft dann doch nicht, dann würde ich das nicht in den CV aufnehmen, weil man nichts über das Projekt sagen kann.“
Dieses Argument war nachvollziehbar für mich. Wie sieht das nun aber aus, wenn man das Projekt später als einen Monat nach Projektstart verlässt? Dazu möchte ich Ihnen den Dialog aus einem der Interviews nicht vorenthalten:
Freiberufler: „Warum bin ich irgendwann mal 6 Jahre bei einem Kunden? Warum ist das so? Weil ich mir das ganz genau anschaue. Und wenn es für mich auch nicht mehr passt, ich das ganz genau kommuniziere. Und wenn sich dann nichts ändert, muss man ganz aktiv schauen, dass man sich was Neues sucht […]. Wenn mich ein Kunde fragt, warum bist du denn jetzt schon wieder wo neu? Wenn man etwas gefragt wird, gibt man eine ehrliche Antwort. Und wenn man nicht gefragt wird, gibt man keine Antwort.“
Ich: „Wie würde eine ehrliche Antwort aussehen?“
Freiberufler: „Indem man ganz klar sagt: Ich war bei dem Kunden, ich habe mit netten Leuten gearbeitet, vor Ort hat es mir nicht gefallen, die Projektstruktur war einfach nicht so, wie ich mir das bei einem professionellen Arbeiten vorstelle und mir hat das nicht gefallen, also habe ich mir etwas Neues gesucht. Ich habe das ehrlich, original nach Vertrag dann auch gekündigt, habe meine Zeit geleistet, so wie es vertraglich ausgemacht war, also mit den Fristen, und dann kann man ein Projekt jederzeit verlassen. Das ist Lieferant-Kunden-Beziehung, mehr ist es nicht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“
Ich: „Wie kommt das dann an?“
Freiberufler: „[Bei einem Kunden] habe ich das nach drei Tagen beendet, da wurde ich dann beim nächsten Mal gefragt, wo ich denn vorher war und dann kamen wir irgendwie ins Gespräch und dann habe ich das erzählt und er sagte: sehr gut, wir wollen ja keinen Berater, der keinen Bock hat, bei uns zu arbeiten. Also das gibt es so und so. Und Berater sind nicht dazu da, dass sie dann irgendwie nicht mehr menschlich sind und alles das machen, was der Kunde will […]. Wenn ich etwas nicht will, dann sage ich das ganz offen und ehrlich und höflich – ganz wichtig.“
Wie bei allen Interviews, ist also auch hier Ehrlichkeit die Devise. Zum einen dem Kunden gegenüber, indem man offen, aber höflich sagt, was Sache ist. Zum anderen aber auch sich selbst gegenüber, indem man sich treu bleibt und keine Situation aussitzt, die unerträglich für einen selbst ist.
Fazit
Zusammenfassend kann ich festhalten, dass die Gespräche mit den Freiberuflern einige meiner Vermutungen bestätigt haben. So spielt bei der Frage, wie man sich Kunden zu Fans macht, die fachliche Qualität der Arbeit eine wichtige Rolle. In Bezug auf die Frage, ob telefonische oder persönliche Kennenlern-Interviews besser sind, war die Präferenz von telefonischen Interviews ebenfalls nicht verblüffend für mich, da auf diese Weise viel Zeit und Geld gespart werden kann.
Mit einigen Antworten habe ich dafür weniger gerechnet: Trotzdem werden auch persönliche Interviews gewünscht, um tatsächlich die Menschen kennenzulernen, mit denen am Ende eng zusammengearbeitet werden soll. Das hatte ich weniger vermutet. Was sich auf jeden Fall jeder, egal in welcher Situation, mitnehmen kann: Ehrlichkeit ist das A und O.
Im vierten Beitrag der Reihe gehe ich der Frage nach wie es mit der Work-Life-Balance der Freiberufler aussieht.
Im nächsten Beitrag möchte ich mich einer weiteren Frage widmen, die mich, und Sie vielleicht ebenfalls, grundsätzlich sehr interessiert: Wie haben es Freiberufler, speziell IT-Freiberufler, zustande gebracht, die Komfortzone des Angestellten-Daseins zu verlassen und den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen? Was ist hier zu beachten? Wo sind versteckte Schwierigkeiten? Die Antworten auf diese Fragen folgen im nächsten Beitrag.