IT-Projekte extern vergeben: Dienstvertrag, Werkvertrag oder Arbeitnehmerüberlassung?
Immer häufiger spreche ich mit Kunden, die stark verunsichert sind, wenn es um den Einsatz von Freiberuflern geht. Die Angst, rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern für den eingesetzten Freiberufler zu zahlen, weil diesem der Status „Selbstständiger“ abgesprochen wird, ist immens. Häufig wird sich im gleichen Atemzug danach erkundigt, ob wir denn nicht Arbeitsnehmerüberlassung anbieten, denn das wäre ja so viel sicherer… Ist das so?
Woher kommt der Bedarf an externer Unterstützung im eigenen Unternehmen?
Die klassische Form eines Beschäftigungsverhältnisses: Die Anstellung eigener Mitarbeiter im eigenen Betrieb, erfüllte in der Vergangenheit nicht mehr die Anforderung von Unternehmen, die agil und flexibel auf den Markt agieren müssen, um das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern.
Vor diesem Hintergrund wurde bereits 1972 das Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung erlassen, das die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Externen im eigenen Unternehmen steckt.
Arbeitnehmerüberlassung ist nur eine denkbare Möglichkeit, Fremdpersonal im eigenen Betrieb zu beschäftigen. In jüngerer Zeit traten alternative Möglichkeiten des Einsatzes von Fremdpersonal in den Vordergrund, so auf der Grundlage von Werkvertrag/Dienstvertrag.
Aufklärung: Was wird unter Arbeitnehmerüberlassung, Werkvertrag und Dienstvertrag verstanden?
Arbeitnehmerüberlassung
(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen.
(…) Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren.
Werkvertrag: § 631 BGB: Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag
(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
Ein Werkvertrag ist also ein solcher, der die Erbringung einer Leistung gegen Vergütung definiert. Im IT-Bereich besteht ein Werkvertrag beispielsweise, wenn der Auftraggeber ein Werk bei einem Dienstleister beauftragt, der wiederum einen Subunternehmer – einen Freiberufler z. B. – beauftragt.
§ 611 BGB: Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag
(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
Differenzierung Werk- und Dienstvertrag
Beim Werkvertrag ist das zu leistende Ergebnis, das Werk, ausschlaggebend. Der Auftragnehmer verpflichtet sich vertraglich zum Arbeitserfolg gemessen an einem konkreten Ergebnis. Beim Dienstvertrag hingegen verpflichtet sich der Auftragnehmer, sich um den Erfolg zu bemühen, ohne aber zur Erreichung des Erfolgs vertraglich verpflichtet zu sein. Nach § 640 BGB ist der Auftraggeber durch den Werkvertrag wiederum verpflichtet, das vertragsgemäße Werk abzunehmen, sofern die Abnahme nicht nach Beschaffenheit des Werks ausgeschlossen ist.
Differenzierung Werk-/Dienstvertrag und Arbeitnehmerüberlassung
In Abgrenzung dazu werden bei Werk- und Dienstverträgen die Unternehmer/Arbeitgeber des Arbeitnehmers für den Dritten, also den Auftraggeber, tätig. Die Ausführung der Tätigkeiten zum Arbeitserfolg wird durch eigene betriebliche Voraussetzungen organisiert. Darüber hinaus ist der Auftragnehmer zur Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen gesetzlich verpflichtet.
Diese vor Ausführung des Dienst- oder Werkvertrages eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen „Erfüllungsgehilfen“ (BAG, Urteil vom 18.01.2012, Az: 7 AZR 723/10).
Vereinfacht: Ist ein fremder Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Fremdunternehmens aka Entleihers eingegliedert und unterliegt seinen Weisungen, liegt ANÜ nahe.
Risiko Scheinselbstständigkeit vs. Risiko unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung
Die vertraglichen Verhältnisse in der IT-Branche sind in der Regel „Freiberufler – Agentur – Endkunde“.
Erfahrungsgemäß kann das Risiko zur Scheinselbstständigkeit durch die entsprechende Ausgestaltung des Vertrages (siehe Artikel Scheinselbstständigkeit) und vor allem durch die tatsächlichen Gegebenheiten auf ein Minimum reduziert werden.
Der DRB (Deutsche Rentenversicherung Bund) fokussiert sich zudem ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Selbstständigen. Vor dem Hintergrund „Freiberufler – Agentur – Endkunde“ wird deutlich, dass der Endkunde geschützt wird.
Auch das Risiko einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ist kalkulierbar und somit auf ein Minimum zu reduzieren. Im Falle einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung, also dem Fehlen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung beim Verleiher, aka der Agentur, tritt die Rechtsfolge ein, dass der Entleiher, aka der Endkunde, zum Arbeitgeber des Selbständigen wird. Das interessiert allerdings den DRB nicht.
Arbeitnehmerüberlassung wird für Unternehmen rechtlich relevant, wenn:
- Der Zoll interagiert. Denn dieser berichtet seine Ergebnisse nicht nur an den DRB, sondern auch an die Staatsanwaltschaft. Dann wird sowohl die unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung als auch die Scheinselbstständigkeit relevant.
- Das Arbeitsgericht sich meldet: Grundlage dafür ist allerdings, dass ein Freiberufler eine Statusklage erhebt, um zu prüfen, dass er eigentlich angestellter Arbeitnehmer ist. Da Freiberufler im IT-Umfeld allerdings zu 99% aus Überzeugung als Selbstständiger auf dem Markt auftreten, ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering. Zudem muss der Freiberufler die Anklage gegen den Endkunden erheben und nicht gegen die Agentur.
Die Erfahrungen von Advokaten zur unerlaubten ANÜ zeigen, dass das Risiko überbewertet wird: Klagen in dieser Richtung sind meistens an einer Hand abzuzählen.
Fazit
Der Einsatz von Freiberuflern ist weder illegal noch ist das Risiko einer Scheinselbstständigkeit immens. Es ist kalkulierbar und anhand von vertraglichen Regelungen und deren tatsächlichen Umsetzung in der Praxis auf ein Minimum reduzierbar. Es stellt eine attraktive Möglichkeit zum Einsatz von Externen im eigenen Unternehmen dar. Vor dem Hintergrund, dass im IT-Umfeld Freiberufler bewusst den Schritt in die Selbstständigkeit gehen und freiberuflich tätig sein wollen, erhält man top ausgebildete IT-Spezialisten mit tiefgehendem Knowhow – die man garantiert in keiner ANÜ in dieser Qualität findet. Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie Fragen zum Einsatz externer IT-Spezialisten haben.
2 Kommentare zu "IT-Projekte extern vergeben: Dienstvertrag, Werkvertrag oder Arbeitnehmerüberlassung?"
Zitat: „Der Einsatz von Freiberuflern ist weder illegal noch ist das Risiko einer Scheinselbstständigkeit immens. Es ist kalkulierbar und anhand von vertraglichen Regelungen und deren tatsächlichen Umsetzung in der Praxis auf ein Minimum reduzierbar.“
Das ist Unsinn! Das Risiko wg. Scheinselbstständigkeit verdächtigt zu werden ist nicht kalkulierbar! Ausgerechnet die Stelle prüft diesen Sachverhalt, die Nutznießer eines negativen Prüfungsergebnisses ist. Allein das ist schon unglaublich!
Vielen Dank für Ihre Anmerkung.
Sie haben recht, dass das Risiko verdächtigt zu werden nicht kalkulierbar ist. Jedoch kann man sein eigenes Risiko als Scheinselbstständig dargestellt zu werden reduzieren, indem man die tatsächlichen Gegebenheiten an die gesetzliche Lage anpasst. Dadurch kann man die Faktoren anpassen auf die der Gesetzgeber achtet und somit das Risiko reduzieren als Scheinselbstständiger gewertet zu werden.